Im letzten Jahr konnten wir in gemeinsamer Arbeit mit dem Anwaltsverein im Landgerichtsbezirk Kiel e.V. die feierliche Abschlussveranstaltung für die Auszubildenden im Landgerichtsbezirk Kiel aus der Taufe heben. Nach viel positiver Resonanz im letzten Jahr konnten wir in diesem Jahr am 01.07.2017 die Fortsetzung dieser Veranstaltung in Kiel feiern.
Der Einladung folgten ca. 165 Teilnehmer, wobei neben den 57 Absolventinnen und einem Absolventen auch Familienmitglieder, Lehrer und die Ausbilder sowie jeweils ein Vertreter der ausbildenden Kanzleien und die Prüfungsausschussmitglieder teilgenommen haben.
Die mündlichen Prüfungen waren in diesem Jahr schon am 30.06.17 abgeschlossen, so dass auch die Prüflinge von den Randbezirken des doch recht großen Landgerichtsbezirks Kiel entspannt anreisen konnten.
Bei aufklarendem Wetter wurden die Gäste mit einem netten Sektempfang begrüßt.
Gegen 16:00 Uhr richtete der Hausherr des RBZ-Wirtschaft, Schulleiter Gerhard Müller, sein Grußwort an die Anwesenden. Ihm folgten der 2. Vorsitzende des Anwaltsvereins Kiel, Herr Dr. Krisch, sowie für unseren Landesverband unser Vorsitzender Danilo Wunger. Herr Rechtsanwalt und Notar Heimbeck schloss mit seinen sehr herzlichen Grußworten die Redebeiträge ab. Abschließend wurden die Schul- und Prüfungszeugnisse überreicht.
Der Nachmittag wurde durch das sehr kontrastreiche musikalische Programm der Band DitchyZipp aufgelockert.
Selbstverständlich stand auch diese Veranstaltung wieder dafür, den Auszubildenden die Wertschätzung entgegenzubringen, die sie nach Abschluss dieser anspruchsvollen Ausbildung auch verdient haben. Allerdings sollen hierbei auch die mit der Ausbildung beschäftigten Kolleginnen und Kollegen sowie den Schulen gegenüber ein Zeichen für die Wertschätzung ihrer Arbeit gesetzt werden.
Die letztjährige Veranstaltung war mit der Hoffnung verbunden, dass wir Unterstützer finden und eine Fortsetzung dieser Abschlussfeier stattfinden kann. Inzwischen ist diese Veranstaltung institutionalisiert, womit wir unsere Zielsetzung jetzt verwirklichen konnten.
Aufgrund der in dem Grußwort unseres Landesverbandes angesprochenen grundsätzlichen Überlegungen zur perspektivischen Entwicklung unserer Berufsbilder geben wir den Redebeitrag nachfolgend wieder und würden uns über Rückmeldungen und Anregungen freuen!
Grußwort des 1. Vorsitzenden des RENO Landesverband der Rechtsanwalts- und Notariatsangestellten Schleswig-Holstein e.V. zur Abschlussveranstaltung der Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten im Landgerichtsbezirk Kiel:
Rede Abschlussfeier der Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten am 01.07.2017 in Kiel – RBZ Wirtschaft
…sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
im Namen des Landesverbandes der Rechtsanwalts- und Notariatsangestellten Schleswig-Holstein aber auch persönlich gratuliere ich Ihnen zur bestandenen Abschlussprüfung. Sie tragen jetzt offiziell die Berufsbezeichnung Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte.
Sie haben zwei komplexe und herausfordernde Ausbildungsberufe in drei Jahren erlernt, in einem Tätigkeitsfeld, das ständigen Veränderungen unterworfen ist, sei es durch Gesetzesreformen, neue Verordnungen, DIN-Vorschriften oder technische Neuerungen.
Nach fast dreißig Jahren sind Sie der letzte reguläre Abschlussjahrgang, der nach der ReNoPatAusbV vom 23.11.1987 ausgebildet und geprüft wurde.
Die Reformierung unserer Berufsbilder war auch dringend notwendig. Denn während 1987 erst sehr zögerlich die ersten Computer in die Kanzleien Einzug hielten, ist es heute selbstverständlich, millimetergroße Hochleistungsrechner mit einer hochauflösenden Kamera in der Tasche zu tragen.
Unsere Berufsbilder haben in den letzten drei Jahrzehnten einen großen Wandel vollzogen, der in den letzten Jahren weiter an Fahrt aufgenommen hat.
Die vielleicht nicht in allen Teilen gelungene novellierte ReNoPatAusbV ist ein Spiegelbild der rasanten Entwicklung in den rechtsberatenen Berufen.
Das digitale Diktieren mit ausgereifter Spracherkennung, die elektronische Kommunikation, die elektronische Akte, das besondere elektronische Anwaltspostfach, aber auch die sich aus diesen technischen Neuerungen ergebenden organisatorischen Nebenwirkungen, wie beispielsweise der Medienbruch zwischen herkömmlicher und digitaler Korrespondenz oder das Entwickeln einer maßgeschneiderten Digitalstrategie, gestalten den zukünftigen Arbeitsalltag nicht einfacher. Die stetig wachsende Komplexität der Rechtsmaterie, aber auch die Beschleunigung des Informationsaustausches und die damit steigenden Erwartungen der Mandanten stellen eine große Herausforderung dar. Visionäre sehen durch Legal-Tech-Anwendungen schon die ersten Bedrohungsszenarien für Juristen im ohnehin stark konkurrierenden Rechtsmarkt.
Vor dem Hintergrund dieser Darstellung war schon vor Jahren die makabere Frage:
„Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte – eine aussterbende Spezies?“
Gegenstand von vielen Umfragen, Fachbeiträgen und Vortragsveranstaltungen. Eine repräsentative Umfrage der Soldan Stiftung ist im Jahre 2014 zu dem Ergebnis gekommen, dass Aufwand und Nutzen der Ausbildung unter den Berufsträgern als ein sehr unausgewogenes Verhältnis empfunden wurde.
Verlangt aber der sinnvolle Einsatz der gegenwärtigen und zukünftigen technischen Entwicklungen nicht unbedingt die Beschäftigung qualifizierter Fachkräfte in den Kanzleien?
Was ist also dran? Haben Sie eine Perspektive?
Ich kann Sie beruhigen, denn die technische Entwicklung fordert selbstverständlich qualifizierte Fachkräfte. Der Fachkräftemangel ist kein Fabelwesen mehr, sondern bittere Realität für viele Kanzleien, die dringend auf fähige Mitarbeiter angewiesen sind.
Fähigkeiten, die Sie nach Ihrer erfolgreichen Ausbildung mitbringen:
Durch die Vermittlung der theoretischen Grundlagen im materiellen und formellen Recht, dem öffentlichen Recht und dem Privatrecht sind Sie sicher im Umgang mit der ZPO, dem BGB, RVG oder GNotKG und darüber hinaus in die Lage versetzt, selbstständig Anträge an das Gericht zu formulieren und Gebührennoten zu schreiben. Sie können die Ansprüche Ihrer Mandanten im gerichtlichen Mahnverfahren geltend machen und anschließend zielgerichtet über die Einleitung von geeigneten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen entscheiden. Im Notariat entwerfen Sie Grundstückskaufverträge und wickeln diese mit den Verfahrensbeteiligten weitgehend selbstständig ab.
Darüber hinaus haben Sie es gelernt, eine wichtige Schnittstelle in der Kommunikation zwischen Kanzlei und Mandanten oder Beteiligten zu sein. Beispielsweise bei der so wichtigen ersten telefonischen Kontaktaufnahme oder bei der persönlichen Begrüßung am Empfang.
Die Verbuchung von Zahlungen, Aktenbearbeitung, ständige telefonische Erreichbarkeit für die Mandanten, das Managen der Büroorganisation und die Koordinierung der Terminvergabe fordern von Ihnen Sachverstand und Flexibilität, aber auch Zuverlässigkeit und stetes Mitdenken, kurzum, Sie müssen ein Allrounder sein.
Der Umfang der vermittelten Ausbildungsinhalte und das im Laufe der Ausbildung stetig steigende Anforderungsprofil sind beachtlich.
Die Entwicklung hin zu mehr selbstständiger und eigenverantwortlicher Tätigkeit hat auch Sie in den vergangenen drei Jahren Ihrer dualen Ausbildung tagtäglich in der Berufsschule und den Kanzleien begleitet.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, mit dieser Ausbildung sind Sie den zukünftigen Herausforderungen gewachsen. Durch das duale Studium zur Rechtsfachwirtin und/oder Notarfachwirtin lassen sich die beruflichen Perspektiven für Sie noch attraktiver gestalten.
Die Grundlagen hierfür haben Sie durch Ihre erfolgreiche Ausbildung bereits gelegt.
Stillstand bedeutet Rückschritt und so gilt auch für Sie:
Nach der Ausbildung ist vor der Weiterbildung.
Damit Sie den eingeschlagenen Weg weiterhin erfolgreich fortsetzen und sich interessante berufliche Perspektiven weiter entwickeln können, ist es allerdings unerlässlich, dass Sie sich Ihren erarbeiteten Wissensstand und Ihre Qualifikation durch regelmäßige Fort- und Weiterbildung bewahren und zukünftig ausbauen.
Unsere berufsständische Vereinigung hat sich eben diesen Zielen verschrieben und leistet seit nunmehr fast 120 Jahren erfolgreiche Arbeit in der Fort- und Weiterbildung, der berufspolitischen Vertretung auf Landes- und Bundesebene und setzt sich für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen ein.
Nutzen Sie das breite Angebot an Möglichkeiten, wie fachlichen Hilfestellungen, den Auf- und Ausbau persönlicher Kontakte zu Kolleginnen und Kollegen, zeigen Sie Interesse an Ihrem beruflichen Umfeld und engagieren Sie sich für Ihren Berufsstand.
Wir sind davon überzeugt, dass Sie in Schleswig-Holstein eine gute Ausbildung als Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte bekommen und sich Ihnen anschließend viele interessante Perspektiven in den Anwaltskanzleien und Notariaten bieten.Wenn Sie so wollen:
Aus- und Weiterbildung zwischen den Meeren mit Mehrwert.
Sehr geehrte Damen und Herren Rechtsanwälte, Sie haben als Ausbildende die Verantwortung für junge Menschen übernommen, die sich für eine Ausbildung zum/zur Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten entschieden haben.
Diese Aufgabe hat in den vergangenen Jahren nicht nur deutlich an Komplexität und Zeitaufwand zugenommen, sondern auch an Bedeutung, um dem weiter ansteigenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Kanzleien, die in den vergangenen Jahren qualifizierte Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte auf dem Arbeitsmarkt gesucht haben, wissen um die dramatische Entwicklung.
Damit sich die von der Ausbildung erhofften Effekte einstellen, muss der Ausbildung jedoch auch der nötige Platz im Kanzleialltag eingeräumt werden.
Setzen Sie sich hierfür mit den neuen Ausbildungsinhalten nach der reformierten Ausbildungsverordnung auseinander. Unterstützen Sie Ihre Auszubildenden durch individuelle Betreuung und kanzleiinterne Maßnahmen, wie beispielsweise zusätzlichen Unterricht. Entwerfen Sie einen individuellen Ausbildungsplan der auf Ihre Kanzlei zugeschnitten ist. Zahlen Sie eine angemessene Ausbildungsvergütung. Und bleiben Sie dem Prinzip des Forderns und Förderns auch nach der Ausbildung treu.
Ich bin davon überzeugt, dass Sie mit regelmäßigen Fort- und Weiterbildungsangeboten, Entwicklungsmöglichkeiten durch ansprechende berufliche Perspektiven in den Kanzleien und einer angemessenen, zeitgemäßen und konkurrenzfähigen Vergütungsstruktur, das fachliche Niveau anheben, das Betriebsklima verbessern und schließlich auch von außen als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden.
Mit der Fortsetzung dieser Abschlussveranstaltung in diesem Jahr setzen Sie, sehr geehrte Damen und Herren Rechtsanwälte, ein wichtiges Signal für die Wertschätzung Ihrer Auszubildenden, für Ihre in der Ausbildung tätigen Mitarbeiter und schließlich auch ein starkes Signal an die jungen Menschen, die sich in der Orientierungsphase für die eigene Berufswahl befinden.
Ich bin dankbar dafür, dass wir mit dem Vorstand des Anwaltsvereins im Landgerichtsbezirk Kiel e.V. und den Beteiligten des RBZ-Wirtschaft in Kiel zwei Partner gefunden haben, die die Zeichen der Zeit nicht nur erkannt haben, sondern die sich daraus ergebenden Probleme auch durch viel Engagement und Tatkraft angehen.
Ihnen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, möchte ich zum Abschluss noch mit auf den Weg geben:
- Beruflichen Erfolg erreichen Sie nur mit ständiger Fort- und Weiterbildung!
- Die technische Entwicklung, fordert Sie als qualifizierte Fachkräfte – gestalten Sie die Kanzleien und Notariate der Zukunft mit!
- Eine Ausbildung zwischen den Meeren mit Mehrwert. Der Standort Schleswig-Holstein bietet Ihnen auch nach der Ausbildung viele interessante Perspektiven für Ihre berufliche Entwicklung in den Anwaltskanzleien und Notariaten.
Ich wünsche Ihnen für Ihre berufliche Zukunft alles Gute, viel Erfolg und einen gesunden Ehrgeiz.